Vertrieb allein zu Haus: 6 Impulse für Vertrieb in Krisenzeiten

„Herr Kaleja, meine Außendienstmitarbeiter sind nur noch zwei Wochen beschäftigt. Das macht mich nervös!“ Krisenzeiten verändern die Schwerpunkte von Außendienst- bzw. Vertriebsmitarbeitern. Ins Homeoffice verbannt ohne persönlichen Kontakt vor Ort beim Kunden in Kombination mit Investitions-Stopps entzieht diesen Mitarbeitern in vielen Branchen derzeitig die Grundlage ihrer Funktion.

Was können die Vertriebsmitarbeiter in der Krisenzeit tun? Welche Schwerpunkte können sie in ihrer Arbeit setzen? Krisen bieten die Chance, Dinge zu erledigen, die im operativen Tagesgeschäft oftmals untergehen. Dinge, die eine Basis für die Stärkung der Wettbewerbsposition darstellen. In diesem Blog gebe ich Ihnen sechs Impulse dafür, welche Vertriebstätigkeiten in Krisenzeiten die Wettbewerbsposition Ihres Unternehmens stärken können.

1. Regelmäßige Kontaktaufnahme mit Kunden – emotionale Kundenbindung stärken

„Der Verkäufer ist am Telefon sehr penetrant gewesen“ – schon in normalen Zeiten stößt Penetranz auf Ablehnung bei Kunden, in Krisenzeiten ist sie unakzeptabel. Selbstverständlich ist es jetzt wichtig, mit seinen Ansprechpartnern in Kontakt zu bleiben. Jedoch kann der Grund der Kontaktaufnahme nicht mehr in allen Fällen der Verkauf sein. Viele Unternehmen haben momentan einen anderen Fokus: in sehr vielen Unternehmen der Automobilindustrie brechen die Aufträge weg bzw. sind weggebrochen. Diese Unternehmen sind damit beschäftigt, eine Strategie zu entwickeln, wie sie die Krise überstehen. Unternehmen in der Lebensmittelindustrie, Logistik und Medizintechnik arbeiten dagegen mit Hochdruck daran, ihre Produktion und Logistik aufrechtzuerhalten. Viele Unternehmen halten ihre Investitionen zurück. Was kann der Vertrieb also tun? Zuhören, Empathie und Verständnis zum Ausdruck bringen. Den Verkauf an den Stellen, an denen es nicht angebracht ist, ruhen lassen. Hilfe im Rahmen der Möglichkeiten anbieten. Nachhören, welche Prioritäten die Unternehmen nach der Krise setzen werden. Den richtigen Einstiegspunkt für Verkaufsaktivitäten antizipieren. Die Krise nutzen, die Menschen beim Kunden besser kennenzulernen – über Emotionen die Kundenbindung stärken.

2. Video- und Webkonferenzen anwenden – den digtalen Vertrieb üben

Sofern der Vertrieb Verkaufsansätze bei Kunden sichten soll, bietet die aktuelle Situation die Chance, sich mit digitalen Tools wie Video- und Webconferencing vertraut zu machen. In manchen Industriezweigen, z.B. der Industrieautomation, dem Bau oder im Handwerk, geht das Tagesgeschäft zwar nicht im gewohnten Tempo, jedoch weiter. So können Verkaufsgespräche, Projektbesprechungen und auch Verhandlungen geführt werden. Zwar nicht persönlich vor Ort, dafür remote. Für viele Vertriebsmitarbeiter ein ungewohnter Weg, teilweise sogar unbeliebt. Er sieht seine Gegenüber nicht, kann die gezeigten Emotionen schlechter einschätzen und es fehlt ihm die Übung in der Nutzung der Technik. Ja, eine Webconference ersetzt ein persönliches Gespräch nicht vollständig. Jedoch bietet sie die Möglichkeit, Livebilder zu übertragen, eine Präsentation zu zeigen und auch an Dokumenten gemeinsam zu arbeiten. Emotionen können ansatzweise aufgenommen werden. Mögliche Stolperfallen müssen im Vorfeld beseitigt werden, die Einstellungen des Tools getestet, die eigene Sprache geprüft, die Durchführung der Präsentation geübt, die Disziplin in Diskussionen berücksichtigt werden; vor der ersten Nutzung der Tools sollte ein Übungslauf mit Kollegen/Kolleginnen durchgeführt werden. Vielleicht entdecken Sie für sich und Ihre Kunden eine neue Alternative der Kommunikation  – noch vor Ihren Wettbewerbern.

3. Account-Planung – Vertriebsaktivitäten systematisch planen

In einer Phase, in der ein Verkauf nur eingeschränkt möglich ist, bleibt Zeit zum Nachdenken. Reflexion von Aktivitäten bei und Informationen über werthaltige Kunden/Interessenten. Wieviel Umsatz habe ich mit den Kunden erzielt? Wie hoch ist das Verkaufspotenzial? Gibt es Chancen zum Up-/Cross-Selling? Kenne ich alle Teilnehmer der Einkaufsgemeinschaft und deren persönlichen Bedarfe? Wie sieht es mit Einkaufsprozessen und Entscheidungskriterien der Unternehmen aus? Kenne ich alle Wettbewerber? Diese Gedanken systematisch für jeden Kunden/Interessenten in einem Account Plan zu visualisieren, Informationslücken zu identifizieren, im Anschluss die Kunden/Interessenten mit dem Ziel zu kontaktieren, die Informationslücken zu schließen und nichts verkaufen. Auf Basis der gesammelten Informationen einen (Account) Plan erstellen und herausarbeiten, wie der Kunde/Interessent nach der Krise systematisch bearbeitet werden kann. Dann gestärkt in den Verkauf/Vertrieb gehen und dem Wettbewerb ggf. einen Schritt voraus sein.

4. Datenbereinigung – latent vorhandene Wettbewerbsvorteile nutzen

Datenbereinigung ist ein unbeliebtes Thema. „Dafür haben wir keine Zeit“ – oft vorgeschoben und hat in Krisenzeiten keine Gültigkeit. Daten über Kunden und Wettbewerber stellen – systematisch ausgewertet und nutzergerecht bereitgestellt – einen Wettbewerbsvorteil dar. Vertriebsverantwortliche können so strategische Entscheidungen treffen, Vertriebsmitarbeiter werden mittels eines 360-Grad-Blickes über den Kunden im Tagesgeschäft unterstützt:
Wann hat der Kunde zuletzt gekauft? Wann müsste ich den Kunden wieder kontaktieren? Warum habe ich Kunden verloren? Welche Schlüsse ziehe ich für das nächste Angebot? Wer hat zuletzt mit meinem Kunden gesprochen? Mit welchem Ergebnis? Welche Produkte und Dienstleistungen werden vom Kunden zukünftig nachgefragt? Diese Auswertungen sind nur dann möglich, wenn die Daten vollständig vorliegen und die Datenqualität stimmt. Viele dieser Informationen existieren in den unterschiedlichen Abteilungen in unterschiedlichen Medien, die Humanfestplatte eingeschlossen. Nun eröffnet sich die Möglichkeit über eine konsolidierte Datenbereinigung, Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Eine vertriebsübergreifende Aktion – alle im Kundenkontakt stehenden Mitarbeiter sollten ihre Humanfestplatte zum Lesen freigeben. So können latent vorhandene Wettbewerbsvorteile genutzt werden.

5. „Battle Cards“ erstellen – Argumentation gegenüber Wettbewerbern schärfen

Die Wettbewerber kennen – eine gute Grundlage für den Vertriebserfolg. Allerdings nicht ausreichend. Wettbewerbsinformationen liegen vor. Was oft fehlt, ist
a) eine Bewertung derer Schwächen und Stärken aus Kundensicht und
b) daraus abgeleitet Argumentationen für Marketing und Vertrieb.
Kriterien, die die Stärken der Wettbewerber entkräften und die eigenen Stärken betonen. Argumentationslinien, die in Kundengesprächen angewendet werden können und wodurch die Auftragswahrscheinlichkeit erhöht werden kann. Argumentationen, die vom Marketing über alle relevanten Kanäle kommuniziert werden. Im operativen Geschäft fehlt häufig die Zeit für die Erarbeitung dieser Informationen: Wettbewerber müssen erkannt, deren Stärken und Schwächen im Vergleich zum eigenen Leistungsportfolio bewertet und seitens der Kunden verifiziert, zu optimierende Leistungsbestandteile des Portfolios identifiziert und Argumentationslinien entwickelt werden. Konsolidiert in sogenannte „Battle Cards“ unterstützen diese den Vertrieb in seinen Verhandlungen mit den Kunden. Eine gute Zeit, die Basis dafür zu legen.

6. Qualität des Leistungsportfolios hinterfragen – Kunden einbinden

Hand aufs Herz: Wann haben Sie das letzte Mal die Zufriedenheit und/oder den Bedarf Ihrer Kunden abgefragt? Wann haben Sie Ihre eigenen Produkte, Dienst- und Serviceleistungen in Frage gestellt und bewerten lassen? Nicht online! Und nicht nur die Frage gestellt, ob Ihre Kunden zufrieden sind. Persönlich gefragt, inwieweit Ihr Leistungsportfolio den Bedarf des Kunden erfüllt? Was Sie besonders gut können? Was zu verbessern ist? Wer was besser macht? Sie oder Ihr Wettbewerber? Ihre Kunden haben keine Zeit für solche Gespräche oder nehmen sie sich nicht? Jetzt ist die Zeit dafür – zumindest besteht eine große Chance. Das Gespräch vorbereitet, einen Termin für die Befragung mit dem Kunden terminiert und ein Dankeschön für die Teilnahme an der Kundenbefragung im Gepäck – schon kann es losgehen. Motivation für die Kunden? Diese können Einfluss auf Ihre Produkte, Dienstleistungen und Services nehmen und erhalten zukünftig einen erhöhten Nutzen. Vollkommen ausreichend als Motivation.

Auch in Krisenzeiten hat der Vertrieb inZusammenarbeit mit dem Marketing die Möglichkeit, die Wettbewerbsposition Ihres Unternehmens zu stärken: Krisen führen zu Emotionen – wenn vom Vertrieb verstanden und gelebt, dann auch zu einer erhöhten Kundenbindung. Die Nutzung digitaler Tools, oft vom Kunden aus Effizienzgründen schon gewünscht, vom Vertrieb jetzt ggf. notgedrungen eingesetzt. In Kundenkontakten den Blick auf die Gewinnung von Informationen und nicht auf den Verkauf gelegt, stellt die Basis für eine systematische Account Planung und die Verbesserung des Leistungsportfolios dar – Kunden werden besser kennengelernt, sodass spezifischer auf deren Bedarf eingegangen werden kann. Einmal die Daten bereinigt, unterstützen Reports Vertriebsmitarbeiter in der gezielten Kundenbearbeitung, ebenso wie die in Zusammenarbeit mit dem Marketing erstellten Battle Cards in den Vertragsverhandlungen. 

Die Krise kann für den Vertrieb eine Chance sein – es kommt darauf an, was Sie daraus machen!

Viel Erfolg!

Herzlichst,
Ihr Thomas Kaleja

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